Grundsätzlich besteht Testierfreiheit auch bei gemeinschaftlichen Testamenten von Eheleuten. Es können sich jedoch nach dem Ableben eines Ehepartners Einschränkungen im Bezug auf die Änderung einzelner Verfügungen ergeben.
Das OLG Köln hatte zu diesbezüglich zu folgendem Sachverhalt zu entscheiden: Ein kinderloses Ehepaar setzte 1992 ein gemeinschaftliches Testament auf, in dem sich beide jeweils zum Alleinerben einsetzten und für den Fall, dass beide sterben, setzten sie die Mutter der Ehefrau und den Patensohn des Ehemannes als Schlusserben ein. Die Mutter der Ehefrau starb noch im selben Jahr. Der Ehemann starb 1995. Die Ehefrau setzte 1999 ein handschriftliches und ein notarielles Testament auf, bei beiden setzte sie ihre Freundin A als Alleinerbin ein. Nach dem Tod der Ehefrau haben der Patensohn und die Freundin A 2022 die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt. Fraglich war, ob die Testamente der Ehefrau aus dem Jahr 1999 wirksam sind oder ob der Einsetzung der A als Alleinerbin der Ehefrau die Einsetzung des Patensohns im gemeinschaftlichen Testament entgegensteht.
Eine testamentarische Verfügung kann dann nicht geändert werden, wenn sie wechselbezüglich erfolgt ist. Dies setzt gem. §2270 I BGB voraus, dass aus dem Zusammenhang des Motivs heraus die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre, also nach dem Willen der Eheleute die eine Verfügung mit der anderen stehen und fallen soll (KG, Beschl. v. 17.02.2021 – 6 W 1071/20, ErbR 2021, 1042 – 1045 (juris)).
Die Wechselbezüglichkeit sollte bestenfalls ausdrücklich bestimmt werden. Wurde sie das nicht, ist sie durch Auslegung des gesamten Testaments zu bestimmen. Dazu gibt es die Auslegungsregel des §2270 II BGB, die besagt, dass ein solches Verhältnis der Verfügungen zueinander im Zweifel anzunehmen ist, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.
Probleme treten auf, wenn es sich bei der begünstigten Person nicht um einen Verwandten handelt und somit die Alternative der sonst nahestehenden Person in Betracht kommt. Unter diesen Begriff fallen nur solche Personen, zu denen zumindest der begünstigende Ehegatte eine derart enge innere Beziehung hat, dass sie dem üblichen Verhältnis zu nahen Verwandten entspricht (OLG Köln, Beschluss v. 13.4.23 – 2 Wx 259/22).
Im Falle von Kinderlosigkeit werden dabei häufig Personen bedacht, die eine zu Kindern vergleichbare Rolle beim Erblasser einnehmen. Zu nennen sind hier insbesondere kirchlich angenommene Patenkinder. Dieser Umstand genügt in der Regel für die Annahme einer nahestehenden Person nicht (OLG Köln, Beschluss v. 13.4.23 – 2 Wx 259/22). Ausschlaggebend für die Annahme von Wechselbezüglichkeit ist, dass das Verhältnis über ein regelmäßiges soziales Miteinander und gutes persönliches Verhältnis hinausgeht sowie Umstände, die etwas über das tatsächliche Verhältnis zwischen Begünstigenden und Bedachten aussagen. Zudem müsste es den Testierenden darauf angekommen sein, die betreffende Person einzusetzen. Liegen diese Voraussetzungen unabhängig voneinander für sich nicht vor, kann der überlebende Ehepartner solche Verfügungen ändern.
Zur Aufstellung solcher Testamente sowie zu allen Fragen, die nach dem Ableben des Ehepartners entstehen, beraten wir Sie gerne in unseren Kanzleiräumen der Kanzlei Koppmann.Krzefky!