Die Corona-Krise mit ihren Kontaktbeschränkungen betrifft auch das Familienleben. Das Oberlandesgericht Frankfurt (1 WF 102/20) entschied am 08.07.2020 über folgenden Sachverhalt: Ein getrenntlebendes Elternpaar übt das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind aus. Das Kind wird überwiegend von der Mutter betreut. Die Mutter lebt mit dem Kind in einem Mehrgenerationenhaus, das auch von den Großeltern bewohnt wird. Sowohl die Großeltern als auch die Mutter zählen zur Risikogruppe, weshalb die Mutter dem Kindesvater mitteilte, dass der Umgang fortan ausgesetzt werde, da der Kindesvater aufgrund seiner Patchworkfamilie den Sohn mit zu vielen Kontakten konfrontieren werde. Zudem würde der Kindsvater nach Auffassung der Kindesmutter die Maskenregelung nicht als sinnvoll erachten und daher nicht befolgen. Nachdem die Mutter wiederholt den Umgang aussetzte, stellte der Vater einen Antrag auf Verhängung eines angemessenen Ordnungsgeldes. Dies begründete er damit, dass der Umgang auch während der Pandemie stattfinden könne, da weder er noch Angehörige seiner Patchworkfamilie erkrankt seien und alle auf die Hygienemaßnahmen achten würden. Des Weiteren könne er auch außenstehende Kontakte auf Spielplätzen etc vermeiden, da er einen Garten habe. Die Kindesmutter führte daraufhin an, dass der Kindesvater ihr gegenüber die Pandemie in ihrer Schwere und Tragweite verkannt habe und dass die Umgangsproblematik nicht entstanden sei, wenn der Kindesvater ihre Bedenken ernster genommen hätte.
Das Oberlandesgericht nahm wie folgt Stellung:
In Anlehnung an Hinweise des Justizministeriums betreffen die Empfehlungen zur Beschränkung der Sozialkontakte nicht das Umgangsrecht mit den Eltern, da diese Kontakte ein notwendiges Minimum zwischenmenschlicher Kontakte darstellen und aufgrund der Lebenssituation eine Ausnahme bilden. Die Begründung der Mutter, dass sie selbst vorerkrankt sei und das die im Haus lebenden Großeltern auch Risikopatienten seien, reicht zur Aussetzung des Umgangs nicht aus, da bei der Ausübung eines gemeinsamen Sorgerechts die Entscheidung über das Vollziehen einer freiwilligen Quarantäne von beiden Eltern getroffen werden muss, da diese von erheblicher Bedeutung für das Kind ist.