Am 01.07.2020 verkündete das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz ein Reformpaket zum sexuellen Kindesmissbrauch. Ziel der Reform ist es, dem Unrecht der Taten durch einen verschärfteren Strafrahmen Ausdruck zu verleihen und somit den Verfolgungsdruck auf die Täter zu erhöhen. Des Weiteren soll an der Prävention der Kinder gearbeitet werden. Über all diesen Vorhaben steht als Hauptziel der Schutz des Kindeswohls. Folgende Ziele sollen mit dem Reformpaket erreicht werden:
Begrifflich sollen folgende Änderungen vorgenommen werden: Der sexuelle Missbrauch von Kindern (§§176 -176b StGB) soll umbenannt werden in „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“. Dies soll der klaren Beschreibung der strafbaren Handlung dienen.
Zudem wird das vorher als Vergehen zu bestrafende Verhalten zu einem Verbrechen hochgestuft, was zu einer Freiheitsstrafe von 1 bis zu 15 Jahren führt.
Des Weiteren werden auch Taten erfasst, bei denen das Kind nicht körperlich misshandelt wurde, sondern die Gewalttaten ihm vorgeführt wurden. Hierzu soll ein eigener Straftatbestand eingeführt werden.
Der bestehende minder schwere Fall des sexuellen Kindesmissbrauchs soll abgeschafft werden.
Differenzierter geregelt werden soll die Kinderpornografie. Die Verbreitung solcher soll als Verbrechen bestraft werden mit einer Freiheitsstrafe von 1-10 Jahren. Auch erfasst wird die gewerbs- oder bandenmäßige Verbreitung mit einer Freiheitsstrafe von 2-15 Jahren. Der bloße Besitz und die Besitzverschaffung sollen mit 1-5 Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert werden. Eine weitere Neuerung besteht in der Einführung der Versuchsstrafbarkeit des Straftatbestandes, die beginnt, sobald der Täter im Irrglauben, dass er mit einem Kind kommuniziert, mit den Eltern dessen oder der Polizei kommuniziert, pornografische Inhalte vermitteln möchte.
Besonders hervorzuheben ist, dass der Straftatbestand im Bezug auf Schutzbefohlene auf Tathandlungen mit und vor Dritten erweitert werden soll.
Für die zuständigen Gerichte und Richter ändert sich mit dem Reformpaket einiges:
Durch eine Ergänzung des §23b III GerVerfG werden bestimmte Eingangsvoraussetzungen für FamilienrichterInnen eingeführt. Das heißt konkret, dass der Anwärter auf das Dezernat für Familiensachen über belegbare Kenntnisse im Familienrecht, besonders im Kindschaftsrecht und des Familienverfahrensrechts verfügen muss. Zudem sollen pädagogische und psychologische Grundkenntnisse vorhanden sein oder erworben werden. Diese Voraussetzungen ergeben sich daraus, dass Kindschaftsverfahren oft von hohem psychischen Ballast des Kindes geprägt sind, was ein besonderes Einfühlungsvermögen erfordert, dass sich in Anhörungstechniken etc. widerspiegeln sollte. Eine Entscheidung in einem Kindschaftsverfahren ist besonders grundrechtsrelevant in Bezug auf Art. 6 GG und hat weitreichende Folgen für das Familienleben und besonders das Leben des Kindes. Ziel der Eingangsvoraussetzungen für das Amt des Familienrichters ist es daher, diesen für die hochsensiblen Verfahren ausreichend vorzubereiten, damit das Kind und die Familie den Umständen entsprechend durch das Verfahren einfühlsam geleitet werden und am Ende eine Entscheidung getroffen wird, die dem Schutz des Kindeswohls in erster Linie und dem aus Art. 6 GG abzuleitenden besonderen Schutz der Familie gerecht wird. Ebenso werden solche höheren Qualifikationsanforderungen für JugendrichterInnen eingeführt, was besonders für den Umgang mit kindlichen Zeugen und deren Schutzbedürftigkeit wichtig ist, da hier ein hohes Maß an Feingefühl erforderlich ist.
Verfahrensbeistände haben die Rolle des „Anwalts des Kindes“, indem sie im Verfahren die Interessen des Kindes für alle Beteiligten sichtbar machen. Bisher lag die Auswahl dieser Person im Ermessen des zuständigen Gerichts. Durch das Reformpaket sollen im Gesetz Kriterien festgesetzt werden, die die persönliche und fachliche Eignung des Verfahrensbeistandes noch besser gewährleisten können.
Des Weiteren werden die Gerichte verpflichtet in Kindesschutzverfahren das Kind immer persönlich anzuhören und in anderen Verfahren ein Absehen von einer persönlichen Anhörung zu begründen.
Ein weitere Maßnahme zum Schutz von Minderjährigen ist die Verlängerung der Eintragungsfrist bei geringfügigen Verurteilungen im erweiterten Führungszeugnis bis zu 10 Jahren sowie der Verdopplung der Mindesttilgungsfrist. Zudem soll den auskunftsberechtigten Behörden auch noch der Zugang zu lange zurückliegenden Verurteilungen gewährt werden.
Der Fall der schweren sexualisierten Gewalt wird in den Katalog der Schwerkriminalität aufgenommen, was zur Folge hat, dass die Untersuchungshaft auch ohne Flucht- oder Verdunkelungsgefahr angeordnet werden kann.
Die Kanzlei Koppmann Krzefky wird Sie weiterhin über den aktuellen Stand der Reform informieren.