In einer immer älter werdenden Gesellschaft wird die Testierfähigkeit der Erblasser bei Testamentserrichtung von immer größerer Bedeutung. Aufgrund des erhöhten Altersdurchschnitts erleiden immer mehr Menschen am Ende ihres Lebens eine Form einer Demenzerkrankung. Die hierbei eintretende schleichende Erkrankung führt dazu, dass Erblasser in hohem Alter oft schon bei Erkrankung ein Testament erstellen. Es stellt sich sodann für die Erben die Frage der Testierunfähigkeit.
Sofern bei mehreren Erben ein Erbe an der Testierfähigkeit des Erblassers zweifelt, und sich auf die Unwirksamkeit des Testaments beruft, trägt er die Feststellungslast und muss den Nachweis für die Unwirksamkeit des Testaments erbringen. Dies gilt auch, wenn der Erblasser nachweislich unter Demenz litt und die Demenzerkrankung demnach unstrittig ist. Selbst das Vorliegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit oder die Tatsache, dass Betreuung angeordnet ist, begründet keine tatsächliche Vermutung für Testierunfähigkeit. Vielmehr muss festgestellt werden, dass der Erblasser zum fraglichen Zeitpunkt aufgrund einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung vom Alzheimertyp nicht mehr in der Lage ist, die Bedeutung und Tragweite einer erklärten letztwilligen Verfügung einzusehen und nach einer solchen Einsicht zu handeln.
Denn testierunfähig ist derjenige, dessen Erwägungen und Willensentschlüsse nicht mehr auf einer dem allgemeinen Verkehrsverständnis entsprechenden Würdigung der Außendinge und der Lebensverhältnisse beruhen, sondern durch krankhaftes Empfinden oder krankhaften Vorstellungen und Gedanken derart beeinflusst werden, dass sie tatsächlich nicht mehr frei sind, sondern vielmehr durch diese krankhaften Einwirkungen beherrscht werden. Hierbei können auch Wahnvorstellungen zur Testierunfähigkeit führen. Bei Wahnvorstellungen muss jedoch hinzukommen, dass sich diese inhaltlich auf Themen beziehen, die für die Willensbildung im Bezug auf die Testamentserrichtung relevant sind. Schließlich sind krankhafte Wahnvorstellungen von einer Psychopathie, also einer extrem schweren Form der antisozialen Persönlichkeitsstörung, abzugrenzen. Bei einer reinen Persönlichkeitsstörung kann eine Testierunfähigkeit nicht ohne weiteres angenommen werden.
Der Erbe, der sich auf die Testierunfähigkeit beziehungsweise die Unwirksamkeit des Testaments beruft, kann zur Ermittlung des Krankheitsbildes den behandelnden Arzt des Verstorbenen als sachverständigen Zeugen benennen. Dieser kann sich nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, weil der maßgebliche mutmaßliche Wille des Verstorbenen dahin gehend, dass der Arzt als sachverständiger Zeuge zum Thema Testierunfähigkeit gehört werden kann. Dies gilt nach dem OLG Köln auch dann, wenn es um die Wirksamkeit eines notariell errichteten Testaments geht ( OLG Köln, Beschluss vom 15.05.2018- 2 Wx 202/18)