Kollision Autotür mit Radfahrer
Fährt ein Radfahrer in eine sich für ihn unerwartet öffnende Autotür, so entsteht auf seiner Seite meistens eine erhebliche Körperverletzung aufgrund eines Kopfübersturzes. Nicht zu vernachlässigen sind auch psychische Beeinträchtigungen, von Ängsten bis hin zur posttraumatischen Belastungsstörung. Daher ist es wichtig, dass Sie sich nach einem Radunfall sofort anwaltlich beraten lassen und sich nicht von der gegnerischen Versicherung von der Geltendmachung Ihrer Rechte abraten lassen. Die Rechtsanwaltskanzlei Koppmann.Krzefky unterstützt Sie gerne.
Häufig sagt schon die Polizei am Unfallort, es handele sich um Mitverschulden des Radfahrers. Oft wird hier auch missverstanden, dass selbst bei Mitverschulden Schadensersatzansprüche bestehen. Rechtsanwältin Iris Koppmann klärt Sie gerne zeitnah über Ihre Möglichkeiten auf und welche Schritte einzuleiten sind.
Das Landgericht Köln (Urt. v. 02.08.2022, Az. 5 O 372/20)
hat in einem klassischen Dooring -Unfall dem Radfahrer 100% Schadensersatz zugesprochen. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein Rennradfahrer war an einem parkenden Auto vorbeigefahren. Der Fahrer des Wagens hatte in diesem Moment die Fahrertür geöffnet, sodass der Fahrradfahrer mit der Tür kollidierte. Durch den Sturz hatte er sich eine Rippe gebrochen, an der Schulter verletzt und multiple Prellungen an Schädel, Knien und Ellenbogen erlitten. Die Versicherung des Autofahrers zahlte nur ein Teil der geforderten Schadensersatzsumme mit der Begründung, Den Radfahrer treffe ein Mitverschulden in Höhe von 25 Prozent, weil er nicht weit genug entfernt von dem geparkten PKW vorbei gefahren sei, argumentierten sie. Er hätte wahrnehmen können, dass der Autofahrer eingeparkt habe und seine Tür kurze Zeit später würde öffnen wollen. Sie berief sich auf ein Mitverschulden des Radfahrers.
Der Radfahrer machte die weitergehende Forderung gerichtlich geltend.
Der Radfahrer, beruflich Unfallchirurg, argumentierte in dem Verfahren, er könne keine langwierigen kraftaufwendigen Operationen mehr durchführen. Für ihn sei besonders schmerzlich, dass er als Triathlet sein Schwimmtraining nicht mehr durchführen könne. Auch sein hochwertiges Rennrad habe schweren Schaden genommen.
Überzeugen konnte die Argumentation das LG nicht: Autofahrer und Versicherung müssen – über die bereits anerkannte Haftungsquote von 75 Prozent hinaus – dem geschädigten Fahrradfahrer alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, hat es entschieden. Außerdem müssten sie weitere 3.500 Euro Schmerzensgeld und weitere 1.089,29 Euro Schadensersatz für die Beschädigungen an dem Rennrad zahlen.
Nach ständiger Rechtsprechung spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Autofahrer den Unfall verschuldet habe, weil die Kollision im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgt sei, erklärte das Gericht. Gemäß § 14 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) hätte sich der beklagte Autofahrer dabei so verhalten müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Ein Mitverschulden des Mannes sei dabei nicht anzunehmen. Ihm könne nämlich nicht der Vorwurf gemacht werden, nicht genügend Abstand zur sich öffnenden Autotür eingehalten zu haben. Wie groß der Abstand im konkreten Fall zu sein hat, sei eine Frage des Einzelfalles, so das LG. Dabei komme es auf die Verkehrslage, die Geschwindigkeit und die bauliche Situation sowie die Art der beteiligten Fahrzeuge an. Der Seitenabstand soll in der Regel so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen einer Fahrertür noch möglich sei. 50 Zentimeter könnten – wie in diesem Fall – schon genügen, stellte das Gericht fest.
Das LG betont, dass de Radfahrer keinen so großen Seitenabstand zum Fahrzeug einhalten muss, dass er selbst bei einer vollständigen Öffnung der Fahrertür nicht kollidieren würde. Die Versicherung argumentierte zusätzlich mit der Geschwindigkeit des Radfahrers, da dieser auf einem Rennrad fuhr. Nach Ansicht des Landgerichts spielt die Geschwindigkeit hierbei keine Rolle. Zwar sei der Rennradfahrer wesentlich schneller als ein durchschnittlicher Fahrradfahrer, das könne ihm aber nicht vorgeworfen werden. Mit einer so groben Unachtsamkeit des Autofahrers hat der Rennradfahrer nach Auffassung des LG schlicht nicht rechnen müssen.
Zudem habe er die Verursachung aller Schäden plausibel darlegen können. Nur einen Abzug im Rahmen des Vorteilsausgleichs in Höhe von 50 Prozent bezüglich des Rennrades müsse er sich anrechnen lassen, da das Rad bereits ein Jahr alt gewesen sei.