Nach dem Trennungsjahr trifft den unterhaltsbeziehenden Elternteil die Erwerbsobliegenheit. Das heißt, dass sich der betreuende nicht oder nur gering erwerbstätige Elternteil eine Arbeitsstelle suchen muss oder den Umfang stundenmäßig erhöhen muss. Wird kein Nachweis über Erwerbsbemühungen erbracht, werden fiktive Einkünfte, die erzielt werden könnten, zugrunde gelegt. Unter einem fiktiven Einkommen wird ein Betrag verstanden, der auf das Einkommen des Unterhaltsbeziehenden angerechnet wird, wenn dieser arbeiten könnte, es aber aufgrund von vorwerfbaren und unterhaltsrechtlich leichtfertigen Verhalten unterlässt. Doch wie verhält es sich mit der Erwerbsobliegenheit in Zeiten der Covid – 19 – Pandemie, in der die Kinderbetreuung je nach Infektionsgeschehen nicht zum großen Teil von der Schule übernommen wird. Darüber hat das OLG Celle am 19.02.2021 entschieden (OLG Celle, 12. Zivilsenat, Beschluss vom 19.02.2021 – 12 UF 218/20).
Dem Gericht lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die Eltern haben sich im April 2019 getrennt. Im August 2019 zog die Kindesmutter mit den zwei gemeinsamen Kindern aus der Ehewohnung aus. Ab November 2019 arbeitete sie in Teilzeit als Kurierfahrerin. Im Mai 2020 war das Trennungsjahr um und die Stelle der Mutter nicht mehr ausreichend, um die dann eintretende Erwerbsobliegenheit zu erfüllen.
Das OLG Celle nahm an, dass vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Einschränkungen im Bereich der Schulen keine durchgehend schulpräsente Betreuung der Kinder gewährleistet werden. Demnach kann der Mutter das Nichterfüllen ihrer Erwerbsobliegenheit nicht zum Vorwurf gemacht werden. Sie hat ihrer Erwerbsobliegenheit erst mit Abklingen der Pandemie und einer stabilen Betreuungssituation nachzugehen.