Der Erbe hat die Möglichkeit, dass Erbe innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis über die Erbschaft auszuschlagen. Versäumt der Erbe diese Erbausschlagungsfrist, so kann gemäß 1944 BGB die Versäumung wirksam angefochten werden wegen eines Inhaltsirrturns. Anfechtungsgrund gemäß 119 Abs. I, 1. Alt. BGB kann ein Inhaltsirrtum sein, wenn der Erklärende über die Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern solche, die sich davon unterscheiden. Voraussetzung für die Anfechtung ist jedoch dann, dass das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Mit anderen Worten muss der Irrtum wesentlich sein. Der nichterkannte Eintritt zusätzlicher oder mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten oder eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, ist dagegen kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung mehr, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum, der zu einer Anfechtung nicht berechtigt.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war das Erbe mit mehreren Vermächtnissen belastet. Der Erbe sollte also laut Testament an mehrere vom Erblasser bestimmten Personen festgelegte Geldbeträge auszahlen. Möglicherweise wird dadurch das Erbe so geschmälert, dass der Rest geringer ist als der Pflichtteil. In einem solchen Fall besteht für den gesetzlichen Erben, der auch pflichtteilsberechtigt ist, gemäß 2306 BGB die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. Der Sinn und Zweck dieser Ausschlagung besteht darin, dass dem Erben ohne Vorwegabzug der Vermächtnisse der gesetzliche Pflichtteil des Erbes bestehen bleibt. Dieser könnte bei Nichtausschlagung nämlich dahingehend gefährdet sein, dass bei
Vorwegauszahlung der gesamten Vermächtnisse der übrigbleibende Erbteil weniger als gar nicht bestehen bliebe. Diese Gefahr kann der Erbe durch Ausschlagung des Erbes und Geltendmachung des Pflichtteils umgehen. Eine solche Regelung sieht 2306 BGB vor.
Im vorliegenden Fall ist der Erbe irrtümlich davon ausgegangen, dass es hierzu keiner gesonderten Erbausschlagung nötig sei, sondern dass die im 2306 BGB vorgesehene
Rechtsfolge ohne eine gesonderte Erklärung eintritt. Aus diesem Grunde heraus hat er das Erbe nicht ausgeschlagen.
Hier lieg ein beachtlicher Inhaltsirrtum gemäß 5 119 Abs. I l. Alt i.V.m. 2306 Abs. I BGB. In diesem Fall hat der Erbe geltend gemacht, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass er fristgerecht habe ausschlagen müssen. Somit entfaltet die Versäumung der Ausschlagungsfrist wesentlich andere Rechtswirkungen, als der Erbe beabsichtigt hat. Ein beachtlicher Inhaltsirrtum ist somit gegeben und die Versäumung der Ausschlagungsfrist kann wirksam angefochten werden.
(Beschluss OLG Düsseldorf vom 15.12.2016, AZ 1-111 Wx 314/15)